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Really Big Data oder: Wer solche Freunde hat… – Kommentar

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Privacy is not a crime

21.600 Terabyte Daten. Pro Tag. Das sind dann mal Datenmengen, die die Bezeichnung „Big Data“ wirklich verdienen. Dagegen ist die Herausforderung des täglichen Lebens wie zum Beispiel die Frage nach einer sinnvollen Backupstrategie für die paar Terabyte Daten auf den heimischen Festplatten witzlos. Aber gut zu wissen: Wer seine Backups irgendwo in der Cloud ablegt hat gute Chancen, dass der britische Geheimdienst GCHQ eine Sicherheitskopie besitzt – aber wahrscheinlich beim Restore nicht behilflich sein dürfte.

Alleine diese Menge an Daten ist schon fast unbegreiflich. Selbst bekomme ich oft zu hören, ich wäre  ein „Daten-Messi“ - mit meinen rund 7TB(*) Musik, Filmen, Fotos, Mails und Dokumenten, die sich in den letzten 20 Jahren angesammelt haben. 7TB – eigentlich ein ziemlicher Haufen Daten, aber wenn man das mal vergleicht: 7TB in zwei Jahrzehnten und dann das mehr als 3.000fache an einem Tag. Rein technisch ist das natürlich faszinierend: Wie speichert man solche Datenmengen und vor allem, wie durchsucht man diese auch noch effizient nach den kleinen Informationsschnippseln, die interessieren und woher wissen die, wonach sie suchen müssen?

Aber es gibt noch eine andere Seite, die nun nichts mit Technik zu tun hat. Offenbar ist es so, dass die Briten ganz gezielt den deutschen Internettraffic von, in und über die USA mitgeschnitten, gespeichert und ausgewertet haben. Das TAT-14 (Trans Atlantic Telephone Cable No 14) ist die wichtigste Verbindung, die Deutschland, Frankreich, die Niederland, Dänemark und auch Großbritannien selbst mit den USA haben. Telefonate und Internettraffic fliessen darüber und wurden nach aktuellem Stand offenbar vom GCHQ abgegriffen. Unterstützt wurde der Geheimdienst angeblich dabei von Vodafone und der British Telecommunications, die sich beide nicht dazu äußern. Vodafone ließ gerade mal verlauten sich an die jeweiligen nationalen Gesetze zu halten und sich zu Fragen nicht zu äußern, die mit der nationalen Sicherheit zusammen hängen. Logisch, die gesetzliche Grundlage für das Schnüffeln verbietet den beteiligten Unternehmen irgendetwas darüber zu sagen.

Die Briten und die USA sind unsere Freunde, das wird uns immer wieder so gesagt und es gibt wohl nur wenige, die ernsthaft das Gegenteil behaupten wollen. Aber was soll man von Freunden halten, die einen bespitzeln? Gelten für Staaten so fundamental andere Regeln? Würde ein Freund bei einem Besuch in meinem Haus anfangen in meinen Schränken zu wühlen, er würde hochkant raus fliegen, nie wieder mein Haus betreten und „Freund“ würde ich so jemanden garantiert nicht mehr nennen. Aber bei Staaten ist das in Ordnung? Wenn sog. befreundete Staaten uns ausforschen und unsere Kommunikation überwachen, dann nimmt man das so hin? Oder was unternimmt unsere Regierung dagegen? Man muss natürlich erst mal nachfragen, was genau da passiert und es wäre ja „Neuland“ und überhaupt geht es ja um den bösen Terrorismus, also ist Schnüffelei grundsätzlich mal gut. Und der BND, der uns ja vor Gefahren aus dem Ausland schützen soll, der behauptet gleich mal gar nichts zu wissen. Höchstens das, was inzwischen öffentlich bekannt geworden ist. Waren unsere Schnüffler so sehr damit beschäftigt selbst zu schnüffeln, dass sie gar nicht mitbekommen haben, wie sehr wir von anderen belauscht wurden? Oder wussten sie es doch? Das Tolle – zumindest für die Geheimdienste – an Geheimdiensten ist ja, dass alles geheim ist und wer sich traut dann doch mal ein paar der Schweinereien öffentlich zu machen, der  gilt dann als Spion und Verräter.

Man mag es als Verschwörungstheorie bezeichnen, aber ich halte es für sicher, dass unsere Geheimdienste und unsere Bundesregierung wussten, dass die NSA und der GCHQ lauschen, sie wussten vielleicht nichts über die Details und den genauen Umfang. Und ich halte die Motivation unserer Bundesregierung, etwas dagegen zu unternehmen für sehr überschaubar – eher noch interessieren sie sich dafür, welches Stück vom Überwachungskuchen sie abbekommen können und wie der BND aufgerüstet werden muss, um selbst „Informationen zu sammeln“.

Bleibt uns also wirklich nur auf „Datensparsamkeit“ zu setzen? Hat Ludwig Greven von der Zeit Recht und wir müssen uns eben in Verzicht auf moderne Kommunikationsmittel üben? Verschlüsselung ist in so einem Umfeld ja keine Option mehr, denn wer verschlüsselt, der macht sich damit automatisch verdächtig.

Wer sich und seine Daten schützen möchte, sollte sich dessen immer bewusst und auf der Hut sein. Big Brother wacht überall, der Staat liest und hört im Zweifel immer mit. Wer private Dinge privat halten will, sollte sie daher nur selten oder gar nicht preisgeben und gegebenenfalls auf Internet oder Telefon verzichten. Datensparsamkeit ist immer noch eines der besten Mittel des Datenschutzes – was nicht da ist, kann nicht gespeichert und durchsucht werden.

Ist das wirklich die einzige Option, die uns noch bleibt? Uns irgendwie damit arrangieren, dass wir alle überwacht werden? Nur nicht den Eindruck erwecken irgendwas verbergen zu wollen und uns unsere kleinen, persönlichen Nischen suchen, in denen wir noch ein wenig Privatsphäre haben und unbeobachtet und wirklich privat kommunizieren können? Wie die Menschen in der DDR, die in den Wald gegangen sind, um unter vier Augen ohne Stasi-Beobachtung zu sprechen? Was unterscheidet die Schnüffler heute eigentlich noch von der Stasi – außer den besseren technischen Möglichkeiten?

Und was ist eigentlich mit der Stasi passiert…?

Derzeit weiß ich gerade nicht, was mich wütender macht: Die täglich Enthüllungen über die Rundumüberwachung und die immer neuen Angriffe auf unsere Privatsphäre durch unsere Regierungen oder die offenbar immer noch weit verbreitete Gleichgültigkeit, dieses „Ich habe doch nichts zu verbergen“ oder auch die Aufforderung doch in den Wald zu gehen, um privat zu kommunizieren.

Update: Soeben erhielt ich den Hinweis, dass der Wald aus Rückzugsgebiet auch ausfällt. Stimmt, ich hatte die „Wildkameras“ vergessen.

(*) Und alles ganz legal gekauft, von eigenen Datenträgern gerippt, bemustert worden und selbst hergestellt.


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